17. September 2021
Seit dem 1. Juli 2021 läuft unser neues Projekt, das für mehr Ernährungssicherheit und ausreichende Haushaltseinkommen von 5.200 armen Kleinbauern- und Fischerhaushalten sorgen sollen. Denn immer noch leiden viele Familien jedes Jahr mehrere Monate lang Hunger, weil sie auf ihren kleinen, in Handarbeit bestellten Feldern nicht genug Nahrung für das ganze Jahr produzieren können oder weil bei den tropischen Temperaturen viel an Obst, Gemüse und Fisch verdirbt, bevor es verarbeitet oder verkauft werden kann.
Im ländlichen Sierra Leone kann man nämlich nichts kühl halten, weil es keine Stromversorgung gibt. Hier setzt nun unser Projekt mit drei Maßnahmen zur Schaffung von essentieller Infrastruktur an – Bewässerungssysteme für mehr landwirtschaftliche Produktion, Kühlräume zum Frischhalten von Nahrung und Räucheröfen zum Haltbarmachen von Fisch.
Umstellung von regenabhängigem Wanderfeldbau auf Bewässerungslandwirtschaft
Im Projektgebiet gibt es zahlreiche Sümpfe, die für eine Bewässerungslandwirtschaft genutzt werden können. Damit sind die Bauern nicht mehr vom Regen abhängig und können ganzjährig anbauen und mindestens eine zusätzliche Ernte einbringen. So soll gewährleistet werden, dass alle beteiligten Familien das ganze Jahr über genug zu essen haben. Gespeist werden die Sümpfe von Flüssen, die auch Nährstoffe mitbringen. Die Umstellung auf Bewässerungslandwirtschaft hilft außerdem, den Wanderfeldbau zu reduzieren, bei dem jedes Jahr ein anderes Stück Land gerodet wird, was zu immer mehr Entwaldung und Erosion führt und zum Klimawandel beiträgt.
In unserem Projekt werden die Kleinbäuerinnen und -bauern in Kooperativen organisiert und dazu angeleitet, die Sümpfe durch das Anlegen von Teichen und Kanälen zu drainieren und für den Anbau von Reis, Maniok, Yams, Süßkartoffeln und unterschiedlichen Gemüsesorten nutzbar zu machen. Mittels solarbetriebener Pumpen werden alle Felder bewässert und können ganzjährig bestellt werden. Außerdem unterweisen die AgrarberaterInnen des Projekts die Bäuerinnen und Bauern auch in neuen Anbaumethoden, der Erweiterung des Nahrungsangebots durch neue Sorten und der Kompostierung organischer Abfälle zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Die Kooperativen erhalten auch ein paar kleine Nutztiere – Schafe, Ziegen, Schweine, Hühner und Enten -, um einen stabilen Tierbestand aufzubauen, der Nahrung und Dünger liefert. Gearbeitet wird im Projekt gemeinschaftlich, das heißt, die Familien, die zu den Kooperativen gehören, müssen sich verpflichten, an drei Tagen pro Woche ein oder zwei Familienmitglieder für die gemeinsame Arbeit auf den Projektfeldern abzustellen.
Installation von Kühlräumen
Wenn die Kleinbäuerinnen und -bauern mehr produzieren, als ihre Familien unmittelbar für den eigenen Bedarf brauchen, besteht in dem tropischen Klima die Gefahr, dass viel an Obst und Gemüse, Fisch oder Fleisch an Qualität einbüßt oder ganz verdirbt, bevor es auf dem Markt verkauft werden kann. Das gilt besonders für Fisch, wenn es einen guten Fang gibt.
Um diese Verluste zu vermeiden, werden Kühlräume installiert, in denen Bauern und Fischer ihre verderblichen Waren einige Tage frisch halten können. Die Kühlräume werden durch eine Solaranlage, die während des Tages die überschüssige Sonnenenergie in Batterien speichert, 24 Stunden täglich mit Strom versorgt. Die Kühlräume haben 20 Kubikmeter Innenraum, in dem die Anwohner verderbliche Waren zu einem kleinen Preis in stapelbaren Kisten einlagern können. Außerdem wird hier auch Eis produziert, um Fisch, Obst und Gemüse auf dem Weg zum Markt frisch zu halten. Für Ware in qualitativ gutem Zustand kann auf dem Markt ein deutlich höherer Preis erzielt werden, was die Einkommen der Bauern- und Fischerhaushalte verbessert. Und an jedem Kühlraum wird es auch Steckdosen geben, an denen die Bevölkerung z.B. Handys oder die Akkus ihrer Lampen für den Fischfang aufladen können.
Bereitstellung von Fischräucheröfen
Die einzigen Methoden, um Fisch bei den tropischen Temperaturen haltbar zu machen, sind das Auslegen auf Gestellen zum Trocknen in der Sonne oder das Räuchern. Traditionell nutzen die Fischerfamilien dafür so genannte Bandhas, das sind aus Stöcken zusammengebaute Räuchergestelle, unten denen ein offenes Holzfeuer angezündet wird. Das Feuer muss von den Frauen und Kindern in Gang gehalten und überwacht werden, wodurch sie viel Rauch ausgesetzt sind und oft über Atemwegsprobleme klagen. Um 20 kg Fisch so zu konservieren, sind 3 bis 4 Tage erforderlich. Und da das Fischfett direkt ins Feuer tropft, schlagen die Flammen oft hoch, wodurch die Qualität des Räucherfischs geschmälert wird. Außerdem ist für diesen Prozess viel Feuerholz nötig, und das muss mühselig im Busch gesammelt werden. An vielen Orten finden die Kinder gar kein Holz mehr, dann müssen die Männer Bäume fällen, um Feuerholz zu produzieren, und tragen so wiederum zur Entwaldung bei.
Hier setzt unser Projekt mit neuen Fischräucheröfen an, die in Nigeria entwickelt wurden und das Räuchern oder Dörren von bis zu 250 kg Fisch in nur 3-4 Stunden ermöglichen. In diesen Öfen wird der ausgenommene Fisch auf Rosten in mehreren Ebenen ausgelegt und über einen Ventilator zur Verteilung der Hitze gleichmäßig getrocknet. Betrieben werden diese Öfen mit Flüssiggas, so dass kein Feuerholz mehr benötigt wird. Und der so getrocknete Fisch ist von viel besserer Qualität als bei der traditionellen Räuchermethode und kann auf den Märkten in den größeren Städten zu einem deutlich höheren Preis verkauft werden.
Und für den Transport der nicht für den Eigenbedarf benötigten Nahrungsmittel zu den Märkten in benachbarten Städten stellt das Projekt einen LKW bereit. Mit der Kombination dieser Maßnahmen hoffen wir, den Hunger, den viele Familien in dieser Region immer noch mehrere Monate pro Jahr leiden, zu beenden und die Existenzgrundlagen von Fischern und Kleinbäuerinnen und -Bauern sichern zu helfen.
Stand 17. September 2021